Kontext
Corona – nachdenken, reden, teilen

Als Reaktion auf die Abstandserfahrung entwickelt sich „neue Nähe“-Bindung: zu sich selber und anderen, denen man sich nahe fühlen möchte. Corona liefert dazu den allumfassenden Gesprächsstoff.

Mitteilen – Bindung und Orientierung gegen Social Distancing

Die Menschen reden mehr! Miteinander und vor allem über Corona und sie versuchen sich ein Bild zu machen. Das ist eine neue Qualität: Corona liefert ein alle betreffendes existenzielles Thema, eines, was in irgendeiner Form für sie indirekt oder direkt ein „Drama“ sein kann, auch wenn es faktisch andere betrifft, die man kennt oder denen man nahesteht. Man hört viel, es werden Geschichten und Schicksale erzählt. Und „die Gefahr“ selbst und ihre Folgen sind längst nicht gebannt. Der Zustand setzt sich nicht „setzt“, es kreiselt und bleibt volatil.

Menschen, die sonst eher „auf Abstand“ waren „Können“ auf einmal ein Stück weit miteinander. Die Corona-Erfahrung „eint“ sie. Sie bindet sie stärker, als dass sie durch die sonst wirksamen Abstände (Lebensstil, Sozialstatus, Alter, usw.) trennt.

Ein neues kollektives Phänomen: Die Leute kommen ins Nachdenken und ins reden miteinander – sie sind sich ihre eigenen “Social Media” zur Selbst-Vergewisserung und Entlastung.

Dieses „Verbindende“ eint und schafft kollektive Stabilität – und wird auch so genutzt. Man rückt zusammen.

Coronazeit – “geteiltes Leid ist halbes Leid”

Im Nachdenken über die „Coronazeit“, die „verkehrte Welt“ kommt teils auch das Eigene zur Neuvorlage. Teils bedingt durch den Lockdown als Trigger, andere Tagesroutinen zu entwickeln, teils, weil es vorher schon „kriselte“. Auch darüber wird mit „Fremden“ freimütig gesprochen. Als schöbe Corona eine Art kollektiver „Katharsis“ an – „geteiltes Leid ist halbes Leid“. Eine produktive Variante des „aus der Not eine Tugend machen“. Darüber bringt Corona die Menschen in andere Maßverhältnisse in ihren Bewertungen.

Austausch und Bindung gegen Abstand und Abstieg

Dies mag vorübergehend sein. Es ist psychologisch eine Art „Hygieneregel“, aus der Isolation und Verunsicherung heraus (soziale)r Bindungen zu festigen. Bindung und Halt stehen hier auf der Veränderungsseite und als Abwehr gegen Isolation und Abstiegsängste, selber durch das soziale Netz zu fallen. Sie übt zugleich „Toleranz“ ein im Gegenlauf zu „frei flottierenden“ Ängsten, Gereitzheit, Pampigkeit oder demonstrativen Einzelansprüchen.

Perspektiven

Rahmenbedingungen für neue Kommunikation und Markenstrategien

 

Dieser Übergangszustand schafft neue Rahmenbedingungen dafür, wie die Menschen als „Konsumenten“ und „Kunden“ angesprochen werden möchten. Im täglichen Umgang hat sich das informelle „Du“ statt des „Sie“ eingebürgert. Plakate und Werbung sprechen „alle“ einbindend an, wenn Sie zum „Bitte haltet Abstand“ ermuntern. Diese Art der kommunikativen Zwanglosigkeit und „Lockerungsübung“ entspannt, sie „entstresst“ und stärkt das Gefühl, irgendwie dazuzugehören und sich zu „kümmern“. Es ist eine Kommunikation der Gemeinsamkeit – die im bestenfalls auch eine der geteilten Werte und der Social Responsibility werden kann.